In der Schweiz herrscht grosse Landknappheit, was die Landpreise ins unermessliche steigen lässt. Den Boden kann man bekanntlich nicht vermehren, höchstens ökonomisch durch verdichtetes Bauen, oder man baut in die Höhe. Hochhäuser sind im Trend!

Wird unser Land komplett zubetoniert? Dehnen sich unsere Siedlungsflächen immer mehr aus – totale Zersiedelung? Wird unser Boden komplett versiegelt? Haben da die Fauna und Flora überhaupt noch Platz? Pro Sekunde verschwindet zum Beispiel in der Schweiz ein Quadratmeter Kulturland. Landschaft opfern fürs grenzenlose Wachstum und den Konsum?

1985 waren in der Schweiz nur gerade 6 % Siedlungsfläche, 30,4 % Wald, 38 % Landwirtschaftsfläche und 25,6 % unproduktive Fläche (Berge usw.).

Im Jahr 2009 waren bereits  7,5 % Siedlungsfläche (= + 25 %!), 35,9 % Landwirtschaftfläche, 31,3 % Wald und 25,3 % unproduktive Fläche.

Sicherlich fand in diesem Zeitraum auch ein grosses Bevölkerungswachstum statt: 1985 waren es noch 6,5 Millionen, im Jahre 2009 bereits 7,8 Millionen Einwohner.

In diesem Zeitraum stieg auch die beanspruchte Pro-Kopf-Wohnfläche (von 35 m2 auf 44 m2). Die Summe der Wohnfläche (in Quadratmetern) der bewohnten Wohnungen wird durch die Summe der Personen dieser bewohnten Wohnungen dividiert.

Die Sehnsucht nach den eigenen vier Wänden, dem eigenen Häuschen, ist aber nach wie vor gross: Es ist die beliebteste Wohnform! Ein Einfamilienhaus beansprucht mehr Land als eine Wohnung!

In diesem Zusammenhang wird immer wieder diskutiert, wie hoch soll die durchschnittliche Wohnfläche pro Person denn sein, wie viel Raum darf der einzelne beanspruchen?

In der Schweiz beträgt zurzeit die durchschnittliche Wohnfläche 45 m2. In Deutschland sollen es gar 47 m2 sein, in Österreich sind es etwas weniger (44,7 m2). In den USA beträgt die Fläche sogar 75 m2 pro Person. Dieser Indikator sei ein Indiz für die Qualität der Wohnverhältnisse.

Dieser Flächenbedarf rührt auch daher, weil die Haushaltgrössen immer kleiner werden (zurzeit 2,3 Personen pro Haushalt). Dies hat auch mit der Versingelung und der demographischen Verschiebung unserer Gesellschaft zu tun!

Die Wohnbaugenossenschaften zeigen uns, in welche Richtung ein nachhaltiger Wohnungsbau gehen könnte: 2000 Watt-Gesellschaft, Verdichtung, Wohnen und Arbeiten wieder zusammenbringen. Sie sind auch der Meinung, dass die Wohnfläche wieder auf einen früheren Stand von 35 m2 pro Personen zu reduzieren sei (1985: 35 m2 pro Kopf), eben im Sinne eines nachhaltigen Wohnungsbau. Ein Lösungsansatz dafür könnten die Clusterwohnungen sein (WG für Individualisten: individueller Raum bzw. Kleinstwohnung und gemeinschaftlich genutzter Raum). Gesteuert wird dies auch über Belegungsvorschriften. Beispiele dafür sind die Überbauungen «Hunziker-Areal» sowie auch die «Kalkbreite» in Zürich.

Tatsache ist aber, dass der Platzbedarf der Bürger und Bürgerinnen beim Wohnen nach wie vor stetig wächst. Dies ist auch ein Ausdruck des Wohlstandes. In der Schweiz betrug 1970 die Wohnfläche pro Kopf noch 27 m2, im Jahr 2000 waren es bereits 44 m2 und heute, wie bereits erwähnt 45 m2.

Noch ein anderer Aspekt: Will man mit Raumplanung auch Steuerpolitik betreiben? Wollen die Gemeinden mit dem Raumangebot neue, steuerkräftige Einwohner anlocken, denn Gemeinden stehen ja untereinander im Konkurrenzkampf? Förderte man damit bislang den unkontrollierten Bauboom durch Einzonungen? Es sind eindimensionale Betrachtungen! Zudem provoziert jede Überbauung Verkehrs- und Erschliessungsbauten.

Nun, in der Schweiz hatte man am 3. März 2013 mit 62, 9 % deutlich Ja zur Revision der Raumplanungsgesetz (RPG) gesagt. Ziel der Gesetzesänderung ist es, durch die Förderung einer kompakte Siedlungsentwicklung die Zersiedelung in der Schweiz zu bremsen, das traditionelle Vollzugsdefizit zu lindern, da einige Kantone die Bundesvorgaben ungenügend umgesetzt haben. Dazu sollen zu grosse Bauzonen verkleinert und bestehendes, brachliegendes Bauland effizienter genutzt werden. Das revidierte Raumplanungsgesetz ist seit 1. Mai 2014 in Kraft. Das Volk hat mit diesem Ja eine starke Bremse gesetzt. Es wird sich zeigen…

Was wäre hier nun eine integrale Lösung? Zuwanderung stoppen? Wohnfläche pro Person gesetzlich festlegen? Ein genereller Baustopp in der Schweiz oder nur ein Moratorium (befristeter, gesetzlicher Aufschub bzw. Aussetzung)? Industriebrachen und die zunehmend leer stehenden Bürobauten umnutzen (Umzonung), d.h. bestehende Bausubstanz effektiver nutzen? Den Bewusstseinswandel in Richtung Suffizienz fördern, Umdenken? Oder alles den Marktkräften überlassen? Was meint Ihr? Gibt es noch andere Lösungsansätze? Quadratur des Zirkels?

Stefan Kessler

  1. Juli 2017

Quellen:

  • Bundesamt für Statistik
  • Bundesamt für Wohnungswesen
  • «Hüslischweiz ohne Ende», SRF Dok, Film von Bruno Amrein vom 8. Dezember 2016
  • «Trotz weniger Wohnfläche pro Personen ausreichend Wohnkomfort geniessen», Südostschweizimmo, Artikel von Rebecca Omoregie, 23. November 2015
  • «Ein Land wird zugebaut», Beobachter, Artikel von Daniel Benz und Beat Grossrieder, 31. August 2008
  • Bildquelle: Infosperber; VBS/Peter Brotschi

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